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Angsthunde – Ursachen und Therapiemöglichkeiten

Angsthunde – Ursachen und Therapiemöglichkeiten

Endlich ist das neue Familienmitglied eingezogen und die meisten Hundebesitzer freuen sich eine lange Zeit auf diesen einen besonderen Tag, der das ganze Leben verändern wird. Doch was ist, wenn der Hund vor lauter Angst nun am liebsten gar nicht aus seinem Körbchen kommen möchte, nichts fressen will und vor die Tür ist er schon gar nicht zu kriegen. Dabei ist es egal, ob das Tier in der Vergangenheit mal ein traumatisches Erlebnis hatte oder einfach in dieser neuen Situation unsicher ist. Ängstliche Hunde stellen die neuen Besitzer oft vor eine besonders grosse Herausforderung, welche man jedoch gemeinsam meistern kann. Vor allem bei Menschen, die keine Hunde haben und auch mit dem Thema Angsthund nie in Berührung haben, stossen Hundebesitzer nun oft auf Unverständnis. Vor allem Ratschläge wie „Da muss er nun jetzt mal durch“, „Das ist immer noch ein Tier und kein Mensch“ oder aber das „alt bewährte“ Ignorieren sind nun an der Tagesordnung. In diesem Artikel zeigen wir, wie es möglich ist, richtig mit Angsthunden umzugehen.

Der Angsthund – mehr als Unsicherheit

Viele Hunde reagieren mal unsicher oder fürchten sich in bestimmten Situationen. Dabei wird natürlich nicht immer direkt von einem Angsthund gesprochen. Des Weiteren muss auch nicht jeder ängstliche Hund etwas Schlimmes erlebt haben, obwohl es eher selten ist, dass der Hund von Welpenalter an Angst hat. Es gibt auch Hunde, welche einfach nur etwas schüchtern sind und für verschiedene Situationen Erfolgserlebnisse brauchen, um mutiger zu werden.

Es gibt aber auch leider Hunde, welche so in ihrer Angst gefangen sind, dass sie vor allem für Aussenstehende komplett unauffällig wirken. Zusätzlich gibt es auch Hunde, die sehr aggressiv gegen die Angstauslöser vorgehen, wobei die meisten Menschen nun gar nicht auf die Idee kommen, dass hinter diesem Verhalten auch Angst stecken könnte.

Warum sind Hunde ängstlich?

Es gibt viele Gründe, warum ein Hund zum Angsthund wird. Bei vielen Tieren konnte zum Beispiel beobachtet werden, dass sie im Welpenalter zu wenig erlebt haben. Das bedeutet, dass diese Tiere viele Situationen, wie zum Beispiel laute Geräusche, nicht kennen. Davor haben nun natürlich die meisten Hunde Angst. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass Züchter ab einem bestimmten Alter der Hunde darauf achten, unterschiedliche Lebenssituationen nachzuspielen, um ihnen diese Angst zu nehmen. Im Übrigen bedeutet es nicht, dass nun alle Welpen zu Angsthunden werden, denn jeder Hund entwickelt sich ganz individuell. Was der eine Hund also ganz gelassen nimmt und locker wegsteckt, kann bei einem Geschwistertier ein Trauma auslösen.

Des Weiteren kann es passieren, dass die Vierbeiner aufgrund eines negativen Erlebnisses ihre Angst entwickelt haben. So kann sogar ein negatives Erlebnis, welches in einer für den Hund sehr wichtigen Phase, den sogenannten Spookyx Periods, stattgefunden hat, schlimmere Folgen haben als eine ungünstige Sozialisation. Dabei muss allerdings bedacht werden, dass nicht jedes Erlebnis bei dem Hund die selbe Angstreaktion auslöst, denn auch hier gibt es immer Unterschiede, welche man nicht verallgemeinern sollte. Vor allem bei Tieren, die in einem älteren Alter aus dem Tierschutz übernommen werden, kann man beobachten, dass hier vermehrt Angsthunde existieren. Leider kann man nun natürlich oft nicht sagen, was den armen Fellnasen passiert ist.

Ursachen, warum ein Hund zum Angsthund wird:

  • Der Hund wurde zu früh von der Mutter getrennt
  • Die Hundemama hat dem Tier falsche Verhaltensmuster beigebracht
  • Sozialkontakte wurden zu wenig oder sogar gar nicht wahrgenommen
  • Die Prägephase wurde nicht optimal genutzt
  • Schlechte Auswahl von den Sozialkontakten
  • Der Umgang mit dem Hund war nicht tiergerecht
  • Schlechte Erfahrungen / Traumata in der Vergangenheit wie zum Beispiel das Zufügen von Schmerzen sowie starke Einschüchterungen
  • Schlechte Haltungsbedingungen für die Hunde
  • Falsche oder mangelnde Ernährung der Hunde
  • Mangelnde Sozialisierung zu anderen Tieren, Menschen oder Umwelteindrücken
  • Der Hund ist überfordert
  • Der Hund leidet an Dauerstress
  • Gesundheitliche Beeinträchtigungen wie zum Beispiel verschlechterte Seh- und Hörfähigkeit, hormonelle Störungen oder Schmerzen
  • Hunderasse und Anpaarung können ebenfalls die Gründe für die Angst sein oder zumindest Einfluss darauf haben

Die vielen Gesichter eines Angsthundes

Körperhaltung bei ängstlichen Hunden
Jeder Angsthund verhält sich ganz unterschiedlich. Wenn der Hund zittert, und in geduckter Haltung und eingezogenem Schwanz Entdeckung geht oder sich auf dem Boden krümmt, dann ist die Angst ganz offensichtlich und klar zu deuten. Doch dieser Gemütszustand der Tiere hat viel mehr Facetten, als man meinen mag. So sprechen die Hunde zu uns Menschen mit ihrer Körpersprache und wir haben nun die Aufgabe, diese so gut es uns möglich ist, zu deuten und zu verstehen. Nur so ist es möglich, die unterschiedlichen Situationen richtig einzuschätzen und nun zum Wohle des Hundes zu entscheiden.

Angsthunde reagieren also ganz unterschiedlich. So kann es zum Beispiel passieren, dass diese in ihrer aktuellen Körperhaltung einfach erstarren und stehen bleiben oder sich entfernen, ohne etwas zu machen. Andere haben einen ganz ängstlichen Gesichtsausdruck. Sie legen die Ohren an, ducken den Kopf nach unten und vermeiden den Blickkontakt. Jetzt sind die Pupillen vergrössert und die Lefzen werden nach hinten gezogen. Einige Angsthunde zeigen ihre Angst auch, indem sie eine geduckte Körperhaltung samt runder Rückenlinie einnehmen. Eingeknickte Beine sowie eine eingeklemmte Rute sind ebenfalls sehr offensichtliche Haltungen bei Angst. Es gibt noch weitere körperlichen Symptome, die recht deutlich sind. So zum Beispiel das Zittern, Hecheln, Herzrasen oder sogar Schwitzen, was besonders an den Pfotenballen zu sehen ist. Ängstliche Hunde müssen auch öfter und haben einen erhöhten Harn- und Kotabsatz. Auch die sogenannten Übergangshandlungen gehören dazu, wie zum Beispiel Gähnen oder Kratzen. Einige Hunde winseln oder schreien bei Angst laut auf.

Das Knurren kann ebenfalls ein Anzeichen für Angst sein, wobei hier unterschieden werden muss. So gibt es das offensive Knurren, was jedoch eher bei Hunden ohne Angst vorkommt, wenn sie die für sie wichtigen Ressourcen verteidigen wollen. Das defensive Knurren hingegen ist in dem natürlichen Verhalten des Hundes sehr wichtig. Dieses macht es den Tieren möglich, unterschiedliche Situationen ohne eine körperliche Auseinandersetzung zu regeln. So wird es zum Beispiel oft eingesetzt, um das Einhalten von der Individualdistanz abzusichern. Ein Hund, der defensiv knurrt, möchte damit sagen „Bleib bitte auf Abstand, da ich mich sonst unwohl fühle“. Ist der Hund in dieser Situation „nur“ unsicher, so zeigt das jeweilige Tier beim Knurren in der Regel nicht seine Zähne. Die sogenannten angstaggressiven Hunde hingegen zeigen die Zähne, wobei die Mundwinkel nach hinten gezogen werden. Bei dem offensiv-aggressiven Hunden werden die Mundwinkel hingegen kurz und rund.

Äusserlich erkennbare Anzeichen in der Übersicht:

  • Hunde erstarren in der Körperhaltung
  • Hunde gehen einfach weg
  • Ängstlicher Gesichtsausdruck -> Ohren sind angelegt, Kopf ist geduckt, Blickkontakt wird vermieden, Pupillen sind vergrössert, die Lefzen sind nach hinten gezogen
  • Hude winseln oder schreien laut auf
  • Hunde zittern
  • Hunde klemmen die Rute ein
  • Hunde schwitzen stärker
  • Hunde haben eine erhöhte Herzfrequenz
  • Hunde haben häufiger Harn- und Kotabsatz
  • Hunde haben Übergangshandlungen (Kratzen, Gähnen)
  • Knurren
  • Beissen

Gut zu wissen:
Es gibt auch soziale Kommunikationsmittel wie zum Beispiel das Beschwichtigungsverhalten (Gähnen, Nase lecken oder das Wegsehen) sowie Unterwurfgesten (auf die Seite legen oder auf den Rücken werfen), welche nicht zwanghaft bedeuten müssen, dass der Hund Angst hat. Diese gehören zum Sozialverhalten der Hunde und sollen der Vermeidung von Konflikten dienen. Der betroffene Hund stellt sich also der Situation und zeigt kein Meideverhalten. Es kommt also nicht zu einer Erweiterung der Pupillen und die Rute wird zwar gesenkt, aber nicht eingeklemmt.

Der Umgang mit Angsthunden

ängstliche Hunde Der Umgang mit Angsthunden ist nie wirklich einfach und viele Hundebesitzer haben Angst, sich dieser Herausforderung zu stellen. Doch auch diese lieben Fellnasen haben ein Recht auf Liebe und ein schönes Zuhause, es gibt nur einiges, was hier anders läuft als bei Hunden, die nicht unter dieser Angst leiden.

Zuerst ist es wichtig, genau zu klären, seit wann das Tier unter der Angst leidet und in welchen Momenten diese Angst genau auftritt. So kann man eventuell herausfinden, welche Faktoren der Hund eventuell zusätzlich mit dieser Situation verknüpft. Des Weiteren ist es immer ratsam, auch einen Tierarzt auf den Hund schauen zu lassen, sodass eventuelle gesundheitliche Probleme erkannt werden können. Natürlich ist es auch immer hilfreich, die Vorgeschichte der Hunde zu kennen, wobei diese natürlich vor allem bei Hunden aus dem Tierschutz oftmals nicht wirklich herausgefunden werden kann.

Des Weiteren ist es sehr wichtig, dass das Verhalten in unterschiedlichen Situationen immer genauer beobachtet und analysiert wird. Nur so ist es möglich, dem Tier auch gezielt zu helfen und eine mögliche Therapie herauszufinden bzw. Situationen zu vermeiden, die zu solchen Ängsten führen können. Da Hunde sehr soziale Tiere sind, orientieren die sich häufig an anderen. So kann ein Angsthund zum Beispiel besonders stark von einem anderen Hund, der eher ruhig und souverän sein sollte, profitieren. Er sieht dann, dass dieser in verschiedenen Situationen anders reagiert, was dem Angsthund nun mehr Mut und Zuversicht geben kann.

Hunde orientieren sich jedoch nicht nur an anderen Hunden. Denn auch an uns Menschen. So ist es für betroffene Hundehalter sehr wichtig, sich über das eigene und individuelle Verhalten in unterschiedlichen Situationen Gedanken zu machen und dieses Verhalten zu analysieren. So kommt es leider nicht gerade selten vor, dass ein bereits ängstlicher Hund von seinem Besitzer unbewusst in seiner Angst bestärkt wird. So reagieren die Hundebesitzer also oft ebenfalls aufgeregt oder trösten den Hund bzw. schimpfen mit ihm. Ein ruhiger und vertrauensvoller Umgang mit Angsthunden ist sehr wichtig und kann sogar dabei helfen, dass der Hund weniger Angst hat.

Unterschiedliche Körpersprachen der Menschen und die Wirkung auf die Hunde:

  • Aus stehender Position sich über den Hund beugen, wirkt auf viele Hunde bedrohlich
  • Direkter Blickkontakt in die Augen wirkt ebenso bedrohlich wie
  • schnelle Handbewegungen
  • und das abschneiden von Fluchtwegen

Des Weiteren mögen es viele ängstliche Hunde gar nicht gerne, wenn man sie am Kopf anfasst oder am Rücken berührt. Vor allem das von „Obenherab“ kann bereits dazu führen, dass sich die Tiere sehr unwohl fühlen. Zusätzlich kann beobachtet werden, dass sich Hundebesitzer also auch oft ausversehen bedrohlich gegenüber dem Hund verhalten. Das kann allerdings nicht nur bei Angsthunden zu Missverständnissen oder gefährlichen Situationen führen, denn auch gesunde Tiere können hier die menschliche Körpersprache falsch interpretieren.

Das ist wichtig beim Umgang mit Angsthunden

Hundehalter sollten auch die Angst der Hunde ernst nehmen und diese vor allem akzeptieren. Auch die Tiere wollen das natürlich nicht und für die Fellnasen sind solche Situationen noch viel schwerer als für uns Menschen. Eine sehr ruhige und konsequente Erziehung ist bei unsicheren Hunden sehr wichtig. Durch die Akzeptanz, dass der Hundebesitzer das ranghöhere Mitglied des Rudels ist, kann dem Hund bei unterschiedlichen Entscheidungen der Stress abgenommen werden, da diese ja von Rudelführer selbst getroffen werden.

So lassen sich auch einfache Signale setzen, welche den Alltag von Stresshunden vereinfach sollen. So zum Beispiel das Vorausgehen, wenn man gemeinsam das Haus verlässt oder das Passieren von vermeidlich gefährlichen Gegenständen in einem gewissen Abstand. Mit einem solchen Verhalten kann dem Tier Sicherheit vermittelt werden.

Des Weiteren ist es zu empfehlen, dass man als Hundebesitzer gewissen Situationen die Bedrohlichkeit nimmt. So zum Beispiel, indem man diese so gut es geht ignoriert und einfach weitermacht, ohne darauf einzugehen. Dabei ist es aber wichtig, dass man den Hund mit seiner Angst niemals alleine lässt.

Auf keinen Fall sollten ängstliche Hunde in der Öffentlichkeit alleine gelassen werden. Man sollte also niemals einen Angsthund vor dem Geschäft anbinden, selbst nicht für den kleinsten Einkauf. Das Anbinden vor einem Geschäft oder das Alleinelassen im Auto sind jedoch auch für gesunde Tiere nicht zu empfehlen, da es sich hierbei immer um Stresssituationen für die Tiere handelt. Das Alleinelassen im Auto ist zusätzlich sehr gefährlich, da hier Temperaturen entstehen, bei denen die Hunde an einem schrecklichen Hitzeschock sterben können. Ausserdem sollte immer bedacht werden, dass es nicht alle Menschen gut mit den Tieren meinen oder falsch auf angebundene Hunde zugehen. Hier können schnell Situationen entstehen, welche eine Angst in den Tieren auslösen, mit der sie nun ganz alleine und ohne den Schutz des Rudelführers wären.

Die Therapie bei Angsthunden

Viele Hundebesitzer entscheiden sich nun dazu, eine Therapie mit dem Vierbeiner zu machen. Therapien werden nun von unterschiedlichen Hundetrainern angeboten und einige von ihnen haben sich sogar auf Angsthunde spezialisiert. Bei der Therapie mit Angsthunden geht es vor allem darum, das unerwünschte Verhalten durch ein erwünschtes Verhalten zu ersetzen. Dabei wird das Training immer Schritt für Schritt, ganz langsam und individuell an den Hund angepasst, durchgeführt. Durch die Belohnung im richtigen Moment und diese positive Verstärkung soll der Hund nun lernen, die Alternative und somit erwünschte Verhaltensweise zu verinnerlichen. Allerdings braucht diese Methode ganz viel Zeit und Geduld, wobei häufige Wiederholungen sehr wichtig sind. Hier kann auch das Clickertraining mit dem Hund helfen, da es gleichermassen funktioniert und auch von Hundehalter und Tier alleine Zuhause durchgeführt werden kann.

Es können auch Programme individuell auf das Tier zugeschnitten werden. Dabei geht es vor allem um den Angstauslöser, auf den nun ein spezielles Übungsprogramm zugeschnitten wird. So kann zum Beispiel eine Desensibilisierung entstehen. Bei dieser besonderen Therapie wird mit dem angstauslösenden Reiz gearbeitet, welcher nach und nach näher an das Tier herangeführt wird. Dann gibt es noch die sukzessive Approximation, bei welcher der Hund nun näher an das Objekt der Angst geführt wird.

So kann der Hund mit Hilfe von kleinen Belohnungen zunehmend an die unterschiedlichen Reize herangeführt und an diese gewöhnt werden. Dadurch lernt er den souveränen Umgang mit den Reizen, die ihm sonst solch eine Angst gemacht haben. So passiert das im Übrigen auch bei Welpen innerhalb ihrer Sozialisierungsphase. Dabei darf allerdings nichts mit Zwang oder unter Stress passieren, da diese Einflüsse kontraproduktiv wären und so sogar kleine Rückschritte nicht selten sind.

Unser Fazit

Bei Angsthunden ist es meistens ratsam, einen Profi hinzuzuziehen, denn die wenigsten Hundebesitzer kennen sich mit Angsthunden und dem damit verbundenen Umgang aus. Es gibt Tierärzte und Hundetrainer, welche sich auf die Verhaltenstherapie von Hunden spezialisiert haben und somit regelmässig mit Angsthunden in Kontakt kommen. Sie können also in den meisten Fällen erheblich dazu beitragen, dass der Alltag für Angsthunde und ihre Halter einfacher werden. Eins ist jedoch klar, auch Angsthunde sind wundervolle Tiere, die meist etwas mehr Zeit und mehr Liebe brauchen, aber es ist es immer wert, hier am Ball zu bleiben.


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